Teil 2: Selbstbewusst verhandeln: Die Bedeutung von Selbst- und Fremdwahrnehmung
Nachdem wir uns nach dem ersten Teil einen ersten, kleinen Überblick darüber verschafft haben, was uns selber beim Verhandeln wichtig ist, was uns (mit) leitet, stellt sich natürlich die Frage, wie das mit den Menschen sein mag, mit denen wir verhandeln. Denn verhandeln ist ja keine „Einbahnstrasse“. Beim Verhandeln trete ich in Kontakt mit meinen Mitmenschen. Dabei kommunizieren wir auf vielfältige Weise: mit Worten, der Körpersprache, aber auch durch Handlungen oder dem, was nicht gesagt oder getan wird.
Die Fragen, die sich also stellen sind: wie ist es mit mir? Wie gut kann ich mich selber wahrnehmen? Meine Gedanken, meine Gefühle, Worte und Handlungen? Wie bewusst nehme ich mich selber wahr? Wie bewusst kann ich in den Kontakt, in Verhandlung mit dem anderen gehen?
Nur wenn ich selber ein gutes Gefühl für mich selber entwickelt habe, meine Gefühle beobachten kann, mir meiner Gedanken bewusst bin, kann ich auch die rechten Worte und die rechte Handlung zur rechten Zeit finden. Und nur dann, wenn ich mir meiner selbst bewusst bin, ein gutes Gefühl für mich entwickelt habe, kann ich auch den anderen Menschen gut wahrnehmen. Denn egal in welcher Situation: mein „Gegenüber“ ist stets ein Mensch und wird es auch bleiben. Auch wenn so manche Äußerung, manches Verhalten als „unmenschlich“ oder wenig mitfühlend erscheinen mag. Auch mein Mitmensch, mein Verhandlungspartner wird in seinem Handeln, bei der Wahl seiner Worte, von seinen Gefühlen und Gedanken geleitet. Ist er sich dessen bewusst? Oder geht er eher intuitiv in die Situation und lässt sich „von seinen Gefühlen und der Gesamtsituation“ leiten?
Wenn wir also mit dem anderen verhandeln, ist es gut, sich zu vergegenwärtigen, dass neben der Rolle, die man zu dem Zeitpunkt innehat (Vater, Mutter, Partner*in, Chef*in, Mitarbeiter*in usw.), man selber, aber auch der andere in erster Linie eins ist: Mensch. Mit allem was dazu gehört. Und wir können uns sicher sein, dass all die Anteile, die ich in mir trage, auch der andere in sich trägt. Allerdings in anderer „Zusammensetzung“. Schließlich ist der andere „anders“ und nicht wie ich.
So erklärt sich auch dieses bestens bekannte Bild vom Eisberg, bei dem im wahrsten Sinne des Wortes sichtbar wird, was uns beim Verhandeln mit dem anderen verborgen bleibt und was nicht:
Für mich ist es mit meinem Wissen heute schon erstaunlich, dass Menschen sich überhaupt verstehen und Ziele erreichen können.
Miteinander reden, einander verstehen und dabei auch noch – ggf. unterschiedliche - Ziele erreichen, wie es beim Verhandeln häufig der Fall ist, ist gar nicht so einfach. Denn schließlich können wir ja kaum davon ausgehen, dass alle in der Kommunikation und Wahrnehmung fachlich geschult und geübt sind und sich dabei auch noch eher kooperativ statt kompetitiv verhalten.
Wie wir die Kommunikation in der Interaktion verbessern, schulen können, werde ich in den nächsten Beiträgen mit Ihnen näher betrachten und dabei unterschiedliche Modelle zur Analyse vorstellen.
Ich freue mich, wenn Sie dann wieder dabei sind.